Die Initiative

Die erfolgreiche Natur- und Umweltbildungsinitiative hat viele Zeichen für die außerschulische Bildung in Deutschland gesetzt. Dafür wurde sie mehrfach ausgezeichnet.

Der Bundesjägertag in Stade 1991 war die Geburtsstunde einer bundesweiten Initiative, die mittlerweile zu einem Begriff geworden ist. Trotzdem ist sie etwas Besonderes geblieben. Bereits in den Achtzigern hatten sich engagierte Jägerinnen und Jäger mit der Frage beschäftigt, wie Kindern und Jugendlichen Natur und Jagd zeitgemäß vermittelt werden könnten. Die Landwirte hatten das mit der Initiative Lernort Bauernhof bereits vorgemacht und sehr wahrscheinlich stand dieser Begriff auch Pate beim Lernort Natur.

Es war die Zeit der Erkenntnis, dass die Natur zunehmend gefährdet ist und der Wissensstand über die heimische Flora und Fauna immer weiter zurückging. In dieser Zeit der aufkommenden grünen Bewegungen wirkten die Jägerinnen und Jäger zunächst noch wie Exoten und manchetrorts waren sie nicht gerne gesehen. Unmittelbar nach der offiziellen Gründung der Initiative in Stade nahm Lernort Natur gehörig an Fahrt auf. Bereits auf der ersten Messe Interschul (heute didacta) 1992 war der Deutsche Jagdverband (DJV), der als Dachverband über dem Landesjagdverband Baden-Württemberg e.V. steht, mit einem Stand vertreten. Der Stand der Jägerinnen und Jäger gehört mittlerweile zum gerne und gut besuchten festen Bestandteil der Messe.

Ebenfalls bereits 1992 erschienen die ersten Unterrichtsmaterialien, die von Wolfgang Frank, einem versierten Pädagogen und Jäger aus Baden-Württemberg, erarbeitet worden waren. Zusammen mit attraktiv gestalteten Lerntafeln bildeten sie die Basis für weiteres Material sowie die Art der Wissensvermittlung, die von Anfang an darauf abzielte, nicht nur junge Menschen wieder an die Natur heranzuführen, sondern auch die Bedeutung der Jagd für Natur und Umwelt zu verdeutlichen.

Sehr schnell wurde deutlich, dass die jagdliche Naturpädagogik mehr ist als Öffentlichkeitsarbeit. Sie wurde zur außerschulischen Bildung, die ein pädagogisches Grundwissen erforderlich machte. Ab 2004 wurde Lernort Natur in das DJV-Bildungsreferat übernommen und der Bildungsreferent Ralf Pütz ist bis heute für die Weiterbildung, die Entwicklung neuer Materialien und die Vertretung in politischen Gremien verantwortlich. 15 externe Fachreferenten führen die Seminare durch.

Die Jahre 2005 bis 2014 waren von den Vereinten Nationen (UN) als Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung ausgerufen worden. Lernort Natur wurde in diesem Zeitraum zwei Mal als offizielles Projekt der UN-Dekade anerkannt. Das war auch eine Würdigung für das ehrenamtliche Engagement der Jägerinnen und Jäger, die während ihrer Freizeit vor allem Herzblut und viele eigene Mittel in die Umsetzung stecken.

Seit dem Jahr 2013 bietet der DJV eine Zertifizierung zum DJV-Naturpädagogen an und antwortet damit auf die große Nachfrage nach einer solchen Qualifizierungsmöglichkeit. Zum Erwerb des DJV-Zertifikates muss unter anderem ein gültiger Jagdschein nachgewiesen werden. Damit unterscheidet sich dieses Zertifikat sehr wesentlich von anderen, denn das umfangreiche Wissen, welches durch die Jagdausbildung erworben wird, ist Bestandteil der Qualifikation.

Der DJV, die Landesjagdverbände und Kreisjägerschaften waren an zahlreichen Projekten beteiligt, die die Bedeutung der Natur- und Umweltbildung für die gesellschaftliche Entwicklung erforschten und sie in eine politische Diskussion einbrachten. Gemeinsam mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und dem Deutschen Bauernverband unterstützte der DJV den Jugendreport Natur des Marburger Soziologen Rainer Brämer („Brämerreport“), der seit 1994 das Verhältnis von jungen Menschen zur sie umgebenden Natur und Umwelt untersuchte, mit zum Teil aufsehenerregenden Ergebnissen, die ein weiträumiges Presseecho fanden. Im Jahre 2018 lieferten die drei Partner mit der Studie „Fokus Naturbildung“ ein Stimmungsbild über die Auswirkungen von außerschulischen Bildungsmaßnahmen auf die Einstellung und das Verhalten Jugendlicher.

Seit 2006 ist der DJV Mitglied im Arbeitskreis Natur- und Umweltbildung, einem bundesweiten Zusammenschluss der Umweltbildungszentren und seit 2017 hat er einen Platz im didakta-Ausschuss der außerschulischen Bildungsanbieter, der unter anderem für einen Teil der Gestaltung der Bildungsmesse didacta verantwortlich ist. Auf dieser ist der DJV jedes Jahr mit einer großen Lernort-Natur-Präsentation vertreten.

In zwei größeren Umfragen wurde während der vergangenen zehn Jahre das Engagement in den Kreisjägerschaften, die der wesentliche Träger aller Maßnahmen sind, ermittelt. Es ergaben sich dabei beeindruckende Zahlen: Auf über 7.000 Personen ist die Zahl der Aktiven angewachsen, die Zahl der erreichten Menschen aller Altersklassen geht in die Millionen. Mobile (auch „Rollende Waldschulen“) sind in einigen Landesjagdverbänden flächendeckend vertreten. Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt im Bereich von Kindergarten und Grundschulen, mit steigender Tendenz bei Erwachsenen und weiterführenden Schulen.

Eine weitere Auszeichnung wurde Lernort Natur sozusagen auf den Geburtstagstisch gelegt: die Anerkennung als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt 2011-2020. Im Dezember 2020 wurde Lernort Natur beim „Sonderwettbewerb Soziale Natur“ der Dekade ausgezeichnet. Erneut eine herausragende Würdigung des ehrenamtlichen Engagements, der die mittlerweile große soziale Bedeutung der Initiative unterstreicht.

Im Jubiläumsjahr 2021 sind verschiedene Maßnahmen geplant, die auf www.lernort-natur.de bekannt gegeben werden. Dazu gehört auch die Entwicklung neuer Unterrichtsmaterialien, mit denen Lernort Natur zukünftig auch im digitalen Klassenzimmer vertreten sein wird.

Der saarländische Landesjägermeister Josef Schneider, der im DJV-Präsidium für die Lernort-Natur-Initiative verantwortlich ist, sieht in der Anerkennung von Lernort Natur auf vielen Gebieten auch eine Verpflichtung: „Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten Zeichen gesetzt und auch Nachahmer gefunden. Das macht uns natürlich sehr stolz. Unser Weg für die nächsten Jahre ist damit quasi vorgezeichnet: wissensbasierte außerschulische Bildung für alle Altersgruppen unter Einbeziehung unserer Erfahrungen als Jägerinnen und Jäger. Nachhaltigkeit und Biodiversität sind für uns keine Schlagworte, sondern wir füllen diese sehr konkret mit Leben, zeigen Möglichkeiten und Grenzen auf. Und alles, wie bisher, ehrenamtlich. In diesem Sinne freuen wir uns auf weitere 30 Jahre Lernort Natur – die Initiative der Jägerinnen und Jäger."